Der Nachbarschaftskrieg10 Minuten

Der Nachbarschaftskrieg10 Minuten

Mitten aus dem Leben in einem Mietshaus: Ein netter neuer Nachbar. Ein Jahr vergeht, und dann zeigt der Mann sein wahres Gesicht. Am Ende landet man sogar vor Gericht. Eine weitere Geschichte aus dem Leben im Mietshaus.

Der verhängnisvolle Fahrradständer

HuhnWenn die Vermieter geahnt hätten, was sie mit dem Bau des Fahrradständers anrichteten, hätten sie sich das Ganze wohl noch einmal überlegt.

Weil die Fahrräder ständig im Weg an den Mauern standen, war bei einem Mieter-Vermieter-Treffen die Bitte nach einem Fahrradständer geäußert worden, dem die Vermieter sogleich zustimmten. Aber seltsamerweise wurde dieser kaum benutzt. Vorgesehen für fünf Fahrräder, stand meistens nur eines drin, dafür standen die anderen weiterhin an allein möglichen Stellen im Weg. Slalomlauf für die anderen Mieter.

Aber nun kommen wir erst einmal zum Anfang dieser Geschichte aus dem Leben in einem Mietshaus.

1. Eine nette Nachbarin zieht aus

Die Nachbarin, mit der man sich so gut verstand und befreundet war, hielt den Lärm im Haus nicht mehr aus. Sie war mit ihren Nerven am Ende und entschied sich, auszuziehen. Dafür suchte sie sich eine Wohnung im Umland von Hannover, eher dörflich und ruhig.

Traurig verabschiedete man sich. Nun konnte man sich nur noch auf ihrer Arbeitsstelle in Hannover sehen. Aber ich konnte sie gut verstehen. Nur kam für mich das Leben auf dem Dorf nicht in Frage.

2. Ein neuer Mieter zieht ein

HahnAls J. einzog, waren alle froh im Haus. Der Spanier war nett und extrovertiert. Man kam schnell miteinander in Kontakt. Sein Bruder war mit der Schwiegermutter des Hausbesitzers zusammen, daher kannte er die Familie gut. Da der Posten eines Hausmeisters vakant war und der ausgewählte Mieter diesen Job nicht übernehmen wollte, wurde J. der neue Hausmeister.

Der neue Mieter ist eine Bereicherung für die Hausgemeinschaft. Denkt man …

Das erste Jahr verlief toll, man freute sich über J., der es schaffte, alle Hausbewohner im Garten zu versammeln. Es wurde gemeinsam gegrillt, manchmal saß man auch einfach nur um die Feuertonne herum.

Wir waren uns alle einig, der neue Mieter war ein Gewinn für uns. Und sogar die Bewohner der Nachbarhäusern blickten neidisch zu uns herüber und bewunderten unsere Hausgemeinschaft.

3. Dunkle Wolken ziehen auf

Nach einem Jahr fingen die Veränderungen an. J. begann sich als Wichtigtuer zu entwickeln. Ganz besonders meine Gartenarbeit war ihm ein Dorn im Auge. Oft sprach er von meinen „Scheiß-Blumen“, die überall stehen würden. Ich ließ mich nicht provozieren, ich war die Gartenpflegerin, und ich durfte selbst entscheiden, was ich wo anpflanzte.

3.1. Warum macht man anderen das Leben schwer?

Da zu meinem Job als Gartenpflegerin die Pflege des Rasens vor dem Haus gehörte, musste ich regelmäßig den Rasen mähen. Zum Glück war auf der einen Seite wegen dem neuen Fahrradständer die Mauer durchbrochen worden, und ich musste nur noch auf der anderen Seite den Rasenmäher über die Mauer rüberheben. Was schon schwer genug war, denn meine Arme waren zu kurz. Es wurde also eher ein Werfen.

3.2. Das Fahrrad-Problem

Hahn

Begründungen für die Nichtbenutzung des Fahrradständers:

der Platz zwischen den Fahrrädern ist zu eng,
man kommt schlecht ran,
man will gleich wieder weiter,
es lohne sich nicht, das Fahrrad für die kurze Zeit in den Ständer zu stellen.

Auf einmal stand ständig ein Fahrrad direkt im Durchgang zum Vorgarten, der durch den Durchgang bequem zu erreichen war.

Als Nächstes folgte ein Fahrradanhänger daneben an der Hauswand, dann stand noch ein Einkaufswagen für die Auslieferung der Wochenzeitschrift in der Schlange.

Zweimal die Woche verteilte er die Zeitungen, nur unser Haus bekam keine mehr, denn die landeten gleich in der Papiertonne vor dem Haus.

Überall stehen Fahrräder, nur der Fahrradständer ist leer.

Und was der Hausmeister kann, konnten die anderen schon lange. Nun standen wieder überall die Fahrräder herum. Schade, wenn man keinen Fahrradständer hat (?). Wenigstens eine gute Ausrede für mich, warum ich den Rasen nicht mähen konnte.

3.3. Eine kleine Bitte

Aber natürlich war das kein Dauerzustand. Als ich J. dabei erwischte, wie er das Fahrrad gerade am Durchgang abstellte, sprach ich ihn sofort an und bat ihn darum, sein Fahrrad bitte in den leeren Fahrradständer zu stellen, weil ich sonst nicht mit dem Rasenmäher durchkommen würde.

Der (meistens leere) Fahrradständer sei zu eng für ihn. Ich könne den Rasenmäher doch einfach über die Mauer (80cm hoch) heben. Dann drehte er mir den Rücken zu und ignorierte mich.

Auch der Vermieter konnte das Ganze nicht beenden. Also pflanzte ich einfach einen Busch an die Stelle, an der sonst sein Fahrrad stand.

4. Die Eskalation

Wutentbrannt klingelte er bei mir, er schrie herum, ließ mich nicht zu Wort kommen und ging dann einfach. Nun waren die Fronten geklärt.

4.1. Nur noch Schikanen

HuhnWeitere Schikanen folgten, meine Eimer wurden aus dem Gemeinschaftsraum geklaut, und wurden später in der Nähe zerschlagen wieder gefunden. Jemand pinkelte in meinen Wassereimer. Meine Eimer mit den Cannas waren weg. Rosen wurden abgeschnitten. Und dann verschwand das Laminat für die Gartenlaube. Nachbarn erzählten mir, Laminat hätte in der Nebenstraße gelegen.

Das Ganze gipfelte in eine Körperverletzung und Bedrohung meines älteren Nachbarns D., der mir die ganze Zeit zur Seite stand. Am Ende sahen wir uns vor Gericht wieder.

5. Die Gerichtsverhandlung

Vor Gericht ging es um die Anklage wegen Bedrohung und Körperverletzung von D. Ausgerechnet bei dieser Verhandlung war eine ganze Schulklasse zu Besuch. J. war ohne Anwalt da. Er hatte sich schick gemacht, trug neuerdings einen gepflegten Bart.

5.1. Die Zeugenaussage

Ruhig schilderte ich die letzte Begegnung von uns Dreien, die so eskaliert war. Die ganze Zeit kicherte J. abfällig während meiner Worte. Schließlich kam die Rede auf das große Messer, mit dem J. gedroht hatte, D. seinen Hals durchzuschneiden.

Im Keller habe ich so ein großes Messer … damit schneide ich dir deinen Hals durch.

Der Richter stellte die Frage, ob J. bei der angedeuteten Größe des Messers aus seinem Keller, gegrinst oder gezwinkert hätte, um anzuzeigen, dass es sich um eine Übertreibung handeln würde. Ich verneinte, er hatte es ernsthaft gesagt, – ob er es auch so gemeint hatte, könne ich nicht beurteilen. Bei dem Tritt war ich nicht dabei gewesen.

5.2. Kreuzverhör

HahnNun war er dran. Er durfte mir Fragen stellen. Aber anstatt mir eine Frage zu stellen, erzählte er wie das Problem mit dem Fahrrad entstanden sei.

„Hast du mir gesagt, ich solle mich dahin verpissen, wo ich hingehöre?“

Das sollte sich fremdenfeindlich anhören, da er Spanier war.

„Nein.“ Denn wörtlich hatte ich gesagt, er solle uns allen einen Gefallen tun und wegziehen, dorthin wo er vorher gewohnt hatte.

Madame (also ich) wäre zu bequem gewesen, den Rasenmäher über die kleine (angedeutete 20cm-) Mauer zu heben, und deshalb durfte er sein Fahrrad nicht mehr in den Durchgang stellen.

Der Richter unterbrach seine Rede und fragte, ob er denn nun eine Frage an mich hätte.

Dann korrigierte ich seine Aussage, die Mauer sei nicht so klein, und der Rasenmäher sei schwer. Aber J. war mit seinen abfälligen Äußerungen bereits nicht gut angekommen beim Staatsanwalt und dem Richter, das ständige Kichern sorgte auch nicht für Wohlgefallen.

Das Ende folgte dementsprechend, er wurde verurteilt wegen Körperverletzung (durch einen Tritt) und Bedrohung.

6. Das Ende der Hausgemeinschaft

Die schöne Hausgemeinschaft war beendet, die Bewohner der anderen Häuser brauchten nicht mehr neidisch zu sein. Nun begann ein Kleinkrieg zwischen J. und D..

Diebstahl von Einkaufswagen

Ein Diebstahl kann laut § 242 Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden.

Selbst wenn Sie den Einkaufswagen aus nachvollziehbaren Gründen nicht zum Supermarkt zurückbringen konnten, hätten Sie den Eigentümer informieren müssen.

Fazit: Der Schaden, der den Supermärkten jedes Jahr durch das Klauen der Einkaufswagen entsteht, geht in die Millionen. Ein einzelner Einkaufswagen kostet zwischen 100 und 150 Euro. Die Gefahr, dass Sie für einen Diebstahl bestraft werden, ist deshalb nicht zu unterschätzen.

Da J. ständig Einkaufswagen im Vorgarten abstellte, brachte D. sie zurück zu den betreffenden Geschäften. Dafür fehlte ihm dann die Luft in den Reifen seines Fahrrades. Als J. einen Postkasten auf dem Fahrrad hatte, meldete D. die Angelegenheit bei der Post.

HahnUnd er rief beim Vermieter an, weil J. seine Posten nicht ordentlich ausführte, denn inzwischen war J. auch Hausreiniger.

Leider war er weder als Hausmeister noch als Hausreiniger wirklich fleißig, das Haus und die Straße verdreckten zunehmend.

Ich durfte mir dann von Beiden anhören, wie sie sich über den anderen beschwerten. Und das ursprünglich alles wegen eines falsch abgestellten Fahrrades und einer abgelehnten Bitte.

6.1. Der Feind deines Feindes ist dein Freund

Erst die Prostituierten brachten wieder Frieden ins Haus. Gegen den gemeinsamen Feind beschloss man, zusammen zu halten. Endlich Frieden, man zog an einem Strang. Jedenfalls meistens.

Der Hausmeister vermietet nun auch ein Zimmer an Prostituierte. Er kann das Geld gut gebrauchen.

Am Ende wurden J. fristlos seine Jobs und seine Wohnung gekündigt. Ihm wurde Untervermietung an Prostituierte vorgeworfen. Das brachte uns allen einen Brief des Vermieters ein, in dem wir aufgefordert wurden, keine Prostituierten als Untermieter aufzunehmen.

Da J. inzwischen schwer krank war, stimmte er einer fristgerechten Kündigung zu und zog drei Monate später aus.

7. Nachtrag

Keiner von uns wollte glauben, dass J. Prostituierte in seiner Wohnung beherbergte. Er bestritt es vehement.

Und ich war verunsichert, denn mehrere Male war eine junge Frau mit eigenem Schlüssel in seine Wohnung gegangen. Ich sprach ihn darauf an. Die junge Frau sei sein Enkelsohn gewesen, erklärte er mir.

7.1. Alles nur Lügen

Leider wurden wir später eines Besseren belehrt. Er hatte allen frech ins Gesicht gelogen. Der Hausverwalter selber war auf die betreffende junge Frau (der angebliche Enkelsohn) gestoßen, die ihm halbnackt die Tür geöffnet hatte. Die Geschichte stimmte, es war keine Lüge der Vermieter.

Inzwischen ist J. seinem Krebsleiden erlegen. Das Ende einer Geschichte aus dem Mietshaus.

Weitere Artikel im Internet:
→ Nachbarschaftsstreit – was kann man tun?:  Beratung Ratgeber Beitrag vom 07.01.2021
→ Diebstahl von Einkaufswagen: Praxistipp Chip Beitrag vom 28.11.2022

 

Author Profile

Marion Klüter
Marion Klüter ist Multimedia-Fachfrau und Bloggerin. Sie unterhält zwei Blogs mit unterschiedlichen Schwerpunkten, da sich beide Themen nicht miteinander vereinen ließen, denn Wut und Kreativität passen schlecht zueinander. Seit einiger Zeit sind ihr Verlobter und sie stolze Besitzer eines Riesenschnauzers. Trotz vieler Rückschläge in ihrem Leben hat sie den Humor nicht verloren und lacht weiterhin gerne, auch über sich selbst.
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