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Deine Vermieter und das Bordell12 Minuten

Von den besten Vermietern, die man sich wünschen kann, bis zu Vermietern, die rücksichtslos ihre Interessen durchsetzen, kann es oft ein Katzensprung sein. Manchmal ist es auch nur ein Generationswechsel. Eine Geschichte aus dem Leben im Mietshaus.
Aus dem Leben im Mietshaus
Aus dem Leben im Mietshaus. Wie alles begann. Nun sind die verwöhnten Enkelkinder dran, die reich geerbt haben und sich nichts hart erarbeiten mussten wie ihre Vorfahren. Willkommen bei den neuen Vermietern! Das Leben wird nicht mehr dasselbe sein.
1. Die besten Vermieter
Wenn Andere über ihre Vermieter jammerten, war man froh darüber, die besten Vermieter der Stadt zu haben, bloß keine Hausverwaltung, sondern Privatleute, die mehr Bezug zu einem haben und nicht vergessen haben, wie „normale“ Leute leben.
Eine alteingesessene Familie, die sich von unten hoch gearbeitet hatte, die wusste, dass Reichtum Verantwortung beinhaltet, die christliche Werte lebten und soziale Verantwortung übernahm. Zu denen man eine fast schon familiäre Beziehung hatte.
Aber leider währt nichts ewig, und Jeder muss einmal sterben. Zuerst die Großeltern, und der Sohn folgte viel zu früh. Nun waren die Enkelkinder dran, Bruder und Schwester.
1.1. Nichts wird sich ändern
Als die neuen Besitzer die Mieter persönlich kennenlernen wollten, hinterließen sie einen guten Eindruck beim ersten Besuch. Nichts sollte sich ändern, es sollte keine Mieterhöhungen geben, alles sollte beim Alten bleiben. Den Mietern sollte es gut gehen, ihr Wohlbefinden war den neuen Vermietern wichtig.
1.2. Jährliches Wünsch-dir-was-Treffen
Ein nettes Treffen, ein gutes Gespräch. Die Mieter durften Wünsche äußern, die auch schnell umgesetzt wurden. Man atmete auf. Man glaubte an die neuen Vermieter, an ihre Versprechungen. Das schöne Leben im Mietshaus würde so weitergehen.
2. Große Veränderung
2.1. Ein Privatbordell in einem Mietshaus
Die neuen Mieterinnen bekamen auffällig oft Herrenbesuch. Die Nachbarschaft wusste eher Bescheid als die Hausbewohner – Prostituierte waren in das Mietshaus eingezogen. Nun begann das Leben mit einem Bordell im Haus.
Von da an war es vorbei mit der Ruhe. Ständig war die zweite Klingel für die Wohnung mit dem Namen „Blume“ abgerissen, im Vorgarten wurde oft Müll abgeladen. Andauernd wurde geklingelt, fremde Männer irrten durch das Treppenhaus, manchmal saß jemand auf der Treppe oder wartete draußen vor dem Haus.
Jede Woche waren zwei neue Frauen in der extra umgebauten Erdgeschoss-Wohnung zu finden, am Sonntag wurden sie ausgetauscht.
Und jede Woche war wieder der Müll in der falschen Tonne, weil die Papiertonne die am Nächsten gelegene war, wenn man das Haus verließ. Aber es gab auch Tage, da flogen die benutzten Kondome vor dem Haus herum, weil die Tüte aufgegangen war, auf dem Weg nach draußen.
2.2. Den ganzen Tag knallt die Tür
Wer also rücksichtslos die Türen zuschlägt, sich übermäßig laut im Treppenhaus unterhält oder anderweitigen Lärm verursacht, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Gegen den Verursacher stehen sowohl dem Vermieter als auch dem Mieter Abwehransprüche gem. § 862 BGB i.V.m. § 1004 BGB zu.
Quelle: Allrecht Beitrag vom 14.12.2019
Aber das Schlimmste war, keiner konnte die Tür normal schließen. Die Frau öffnete, der Freier warf die Tür hinter sich zu. Wenn er ging, warf er sie wieder zu. Wenn der nächste Mann kam, knallte erneut die Tür. Und die Knallerei wiederholte sich manchmal alle Viertelstunde bis spät in die Nacht um zwei Uhr. Wofür gibt es noch einmal Türklinken?
Gespräche über das normale Schließen der Tür brachten genauso wenig etwas wie die Reden über die Mülltonne, weil ja jede Woche die Bewohnerinnen wechselten. Und manche dieser Damen warfen die Tür nach der Bitte dann extra laut zu. Wenn man bis dahin Prostituierte nicht verachtet hat, dann änderte sich das, denn nun hasst man sie.
2.3. Keine Hilfe vom Vermieter
Uns reichte es. Als sich die langjährigen Mieter, die schon beim Großvater oder Vater der jetzigen Vermieter eingezogen waren, sich beklagten und um Hilfe baten, gingen sie davon aus, dass diese nichts vom Erwerb dieser Damen ahnten. Sie konnten es sich nicht anders vorstellen.
Normalerweise verlor ein Haus an Wert bei solchen Mietern, genauso wie die Nebenhäuser, und welchem Hausbesitzer ist daran gelegen, sein Haus zu entwerten?
2.4. Extra Umbau für das Bordell
Aber die Überraschung war, die Vermieter hatten die Wohnung sogar monatelang extra dafür umgebaut, ein Luxus-Badezimmer und beide Zimmer der 2-Zimmer-Wohnung zu Einzelzimmern mit separaten Türen und Klingeln. Und weil sie sich nicht weiter mit den Mietern auseinander setzen wollten, setzen sie eine Hausverwaltung ein. Der Kontakt zu ihnen war nun verboten.
Der Zuhälter/Mieter vermietete jede Woche an zwei bis vier Frauen und bekam für jede 600 Euro die Woche dafür. Und alles fand mit Einverständnis der Vermieter statt.
3. Wir sind nun Mieter 2. Klasse
Bedroht, eingeschüchtert, missachtet – das war das Ergebnis der Beschwerde. Ausgerichtet durch den Hausmeister wurde, die Mieter sollten sich ruhig verhalten, die Damen nicht belästigen, ansonsten würden sie entweder eine höhere Miete bekommen oder gekündigt werden. Und sie würden ihre Jobs verlieren.
3.1. Der große Plan
Und der neue Mieter, der sich nicht als Zuhälter sondern als Vermieter bezeichnete, setzte noch drauf, dass er sowieso alle rausbekommen würde, um das ganze Haus zum Bordell umzubauen, denn er könne schließlich mehr Miete bezahlen als sie. Und wenn sie keine Ruhe gäben, dann hätte er auch noch einen Schlägertrupp, und der würde vor Nichts Halt machen, weder vor alten Menschen, noch Frauen, noch Kindern. Das sollten ruhig alle wissen.
3.2. Wir werden nur geduldet
Alles dreht sich um die Prostituierten, wie wir uns fühlen, interessierte nicht, wir haben zu schweigen und froh zu sein, dass wir hier noch leben dürfen. Damit begann ein jahrelanger Kampf. Und das während Corona-Zeiten. Das normale Leben im Mietshaus?
(Vermieter, Sekretärin der Hausverwaltung):
„Die müssen doch auch ihr Geld verdienen. Und wenn wir merken, dass sie denen die Polizei auf den Hals hetzen, werden wir eingreifen.“
„Sie dürfen die Polizei nicht mehr rufen.“
„Unterlassen Sie es, die Klappe an ihrer Tür zu öffnen, die Damen fühlen sich beobachtet.“
„Irgendwo müssen die doch arbeiten.“
„Wir machen aus dem ganzen Haus ein Bordell.“
„Wir suchen noch weitere Wohnungen in der Straße, für jede Vermittlung gibt es 100 Euro.“
3.3. Die ganze Friedrich-Ebert-Straße als Bordell?
Zum Glück gab es in der Straße weder eine Hausverwaltung, die diese Idee unterstützte, noch irgendwelche Besitzer, die gerne Bordelle in ihren Wohnungen gehabt hätten.



4. Und nun gibt es Covid-10
4.1. Covid-19-Hotspot im Mietshaus
Während die Bordelle geschlossen wurden, gingen die Männer dafür zu den Prostituierten im Mietshaus. Sie standen Schlange vor dem Haus, saßen auf der Treppe oder draußen auf dem Geländer. Es störte sie nicht, dass sie für Angst vor Ansteckung sorgten und das ihre Besuche zu der Zeit gerade verboten waren.
In den Nachbarhäusern starben die Ersten an Covid-19.
Und so kam die Polizei manchmal alle paar Tage vorbei, um eine Kontrolle zu machen. Selbst wenn sie Prostituierte bei der Arbeit antrafen und sie aus der Wohnung entfernten, dauerte es nicht lange, dann waren sie wieder da. Sie schlichen sich am nächsten Tag einfach wieder herein und machten weiter.
Ein kleines Quiz:
Wie lange kann es dauern, bis ein Wohnungs-Bordell endgültig geschlossen wird?
1. Ein paar Monate, es ist Corona-Lockdown und Bordellbetrieb ist verboten.
2. Ein Jahr, denn weil die Bordelle geschlossen sind, müssen die Privatbordelle den Bedarf decken.
3. Über drei Jahre, dann gibt es endlich ein Gerichtsurteil gegen den Betrieb.
4.2. Schnell ausziehen, aber wohin?
Die ersten Mieter waren froh, eine andere (und preiswertere) Wohnung gefunden zu haben und zogen mit ihrem kleinen Sohn aus. Die Anderen wären gerne ihrem Beispiel gefolgt, aber so schnell findet man in Hannover keine Wohnung, also blieben sie in den teuren Wohnungen und in dem unangenehmen Haus. Manche bekamen sogar eine Mieterhöhung. Und keiner traute sich, Mietminderung geltend zu machen.
Achtung: Diese Beispiele beruhen auf Gerichtsurteilen – je nach Sachlage können unterschiedlich Minderungsquoten entstehen!
- Störung durch Freier: Bis zu 22 %
- Im Wohnhaus wird ein Bordell betrieben: Bis zu 10 %
- Prostitution in Nachbarwohnung: Bis zu 20 %
Quelle: Mietrecht Beitrag vom 27.11.2024
4.3. Auch andere Mieter müssen unter Wohnungsprostituierten leiden
Dann erfuhren sie, nicht nur sie mussten unter dieser Sache leiden, es waren noch weitere Häuser betroffen. Allein fünf weitere Häuser, die die ehemaligen Traum-Vermieter geerbt hatten, waren betroffen. In einem dieser Häuser wurden sogar Zwangs-Prostituierte vorgefunden. In einem anderen Haus, wo es zwei Wohnungen mit Prostituierten gab, wurde eine der Frauen ermordet. (siehe unten)
Insgesamt rechnet man mit über 50 solcher Wohnungen in Hannover. Und das trotz hoher Wohnungsnot.
4.4. Endlich Ruhe im Mietshaus
Obwohl von Anfang an keine Genehmigung für die gewerbliche Nutzung vorlag, wurde der Betrieb ununterbrochen weitergeführt. Der Zuhälter/Vermieter erhob gegen jeden Bescheid solange Widerspruch, bis es nicht mehr ging.
4.5. Der Sturm auf die Wohnungen
Dann stürmten gleichzeitig in fünf Wohnungen die Polizei und das Ordnungsamt die Räume und versiegelten sie nach Entfernung der Damen. Als Letztes erfolgten mehrere Gerichtsverhandlungen. Kurz vor der letzten Entscheidung nahm Herr K. seine Einsprüche zurück und bekam mitsamt der anderen Beteiligten hohe Geldstrafen.
Aber hauptsächlich Covid-19 haben wir es zu verdanken, dass endlich Ruhe im Haus ist. Oder doch nicht?
5. Muss man ein Bordell als Nachbarn hinnehmen?
Früher wäre man nicht auf die Idee gekommen, dass es normal ist, ein Bordell mitten in einem normalen Mietshaus zu betreiben, während Familien mit Kindern und alleinstehende Frauen, Angst haben müssen, von den Freiern belästigt zu werden.
Aber inzwischen gibt es für Prostituierte mehr Verständnis als für normale Mieter, denn die Wohnungsbordelle haben sich wie ein Geschwür in der Stadt breitgemacht. Und wer denkt an die Mieter?
5.1. Bekommt ein Wohnungsbordell einfach eine Genehmigung?
Die Richter verwiesen darauf, dass sich das Grundstück in einem sogenannten faktischen allgemeinen Wohngebiet befindet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 4 BauNVO.
In einem allgemeinen Wohngebiet sei die Ausübung von Wohnungsprostitution unzulässig. Hierzu bedarf es nicht des Nachweises, dass diese störend ist.
siehe auch VGH München, Beschluss v. 08.11.2017 – 15 CS 17.1415 Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Juraforum-Redaktion)
Ganz so einfach ist es zum Glück nicht. Zuerst wird die Genehmigung des Vermieters benötigt, dann muss eine Ummeldung von Wohnraum in gewerblichen Raum erfolgen. Und vor der Genehmigung kommt das Ordnungsamt, um die Wohnung zu besichtigen und befragt die Nachbarn, ob das Bordell bisher störungsfrei war. Erst dann wird es genehmigt, wenn überhaupt.
Das wichtigste Kriterium ist die Störungsfreiheit. Und die kann es nicht geben, denn wenn ständig Männer ein- und ausgehen, ergibt das Unruhe. Wenn keiner fähig ist, die Tür richtig zu schließen, erzeugt das Lärm. Und bei zu dünnen Wänden …, das kann man sich denken.
5.2. Unbeteiligte Frauen bekommen Probleme
Schwierig ist auch das Leben der unbeteiligten jungen Frauen im Haus. Es kam schon vor, dass eine Mieterin rasch den Müll rausbringen wollte, dabei ließ sie kurz die Wohnungstür öffen, und bei ihrer Rückkehr saß ein Freier in ihrem Wohnzimmer und wartete auf sie. Das möchte keiner erleben.
Es ist schon schlimm genug, wenn man zur Haustür raustritt und von Vorbeikommenden beschimpft wird, weil man für eine Prostitutierte gehalten wird.
6. Schlusswort
6.1. Die Frage bleibt
- einen zweiten Eingang, damit die anderen Bewohner nicht gestört werden
- eine Alarmanlage, falls etwas passiert
- Räume, die nicht von außen einsehbar sind
- extra Schlaf- und Wohnräume
- ausreichend große Sanitärräume.
Die Frage, warum das Bordell nicht sofort geschlossen wurde, bleibt. Es wurde keine der behördlichen Auflagen erfüllt, weder die Alarmanlage noch die zweite Tür (wenn man vom Fenster mal absieht, aus dem bei einer Polizeikontrolle, ein Freier versuchte zu fliehen). Warum dauert es dann über drei Jahre, um ein nicht genehmigtes Bordell zu schließen?
Irgendetwas läuft da falsch in unserem Staat.
6.2. Die neue Hausverwaltung im Mietshaus
Das Verhältnis zwischen Vermieter und Mietern ist inzwischen vollständig gestört.
Aber wenn man glaubt, das die Hausverwaltung nicht schlechter sein kann als die Vermieter selbst, hofft man vergebens. Nun gibt es keine Ansprechpartner mehr, man bekommt niemanden persönlich an das Telefon, es ist ständig der Anrufbeantworter an, und leider ruft keiner zurück. Auf eMails erhält man auch nur sehr selten eine Antwort.
Aber worauf man sich jedes Jahr verlassen kann, ist, dass der Nebenkostenbescheid falsch ist.
Author Profile
- Marion Klüter ist Multimedia-Fachfrau und Bloggerin. Sie unterhält zwei Blogs mit unterschiedlichen Schwerpunkten, da sich beide Themen nicht miteinander vereinen ließen, denn Wut und Kreativität passen schlecht zueinander. Seit einiger Zeit sind ihr Verlobter und sie stolze Besitzer eines Riesenschnauzers. Trotz vieler Rückschläge in ihrem Leben hat sie den Humor nicht verloren und lacht weiterhin gerne, auch über sich selbst.
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