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Wie kriege ich einen Facharzttermin? Wie lange muss ich an der Anmeldung warten? Wo bleibt mein Rezept?
Die Probleme bei der medinischen Versorgung
Es gibt Unterschiede zwischen Kassenpatient und Privatpatient. Und das nicht nur bei der Bezahlung.
Quelle: Marcel Weigand, Unabhängige Patientenberatung (UPD)
1. Wie kommt man an einen Facharzt-Termin?
1.1. Die Neupatientenregelung
Die Neupatientenregelung ist weggefallen. Fachärzte wurden dabei extra vergütet, wenn sie neue Patienten aufgenommen haben.
1.2. Die Hilfe vom Hausarzt
Die extrabudgetäre Vergütung für die vertragsärztliche Leistung der Behandlung von Patientinnen und Patienten, die erstmalig oder nach zwei Jahren Pause in der Arztpraxis behandelt wurden, wurde damit abgeschafft.
Als Ausgleich werden die Zuschläge für eine schnelle Terminvermittlung angepasst.
Quelle: Draco.de
Der Hausarzt kann sich für den Patienten einsetzen, damit er einen dringenden Facharzttermin bekommt. Dabei entscheidet er über die Dringlichkeit. Auf der ausgefüllten Überweisung steht dann ein Dringlichkeitsvermerk. Der Hausarzt vereinbart außerdem den Facharzttermin für den Patienten. Dieser Termin sollte innerhalb weniger Tage stattfinden, spätestens jedoch nach 35 Tagen.
Für die Hausarztvermittlung hält der Facharzt extra Termine frei, für die er eine Sonder-Vergütung erhält. Auch der Hausarzt erhält die Vergütung für die Vermittlung.
1.3. Die Terminservicestelle
Die Terminservicestelle ist ein Angebot der Kassenärztlichen Vereinigung. Dabei sollen Patienten innerhalb von vier Wochen einen Termin bekommen. Dafür braucht der Patient eine ärztliche Überweisung mit einem Dringlichkeitsvermerk. Routineuntersuchungen fallen nicht unter den Service.
- telefonisch über die bundesweite Servicenummer 116 117,
- per Smartphone-App oder
- über die Webseite www.116117.de.
Auch bei diesem Modell erhalten teilnehmende Fachärzte einen Zuschlag für die Bereitstellung von zeitnahen Terminen.
1.3.1. Die Überweisung
Für viele Facharztgruppen benötigt man vorab eine Überweisung, jedoch nicht für:
Die Terminservicestelle kann allerdings den Mangel an Fachärzten nicht ändern, in dem Fall hilft die Vermittlung nicht.
1.4. Offene Sprechstunde
Facharztgruppen wie Orthopäden, Augenärzte und Hautärzte müssen für dringende Termine ohne Anmeldung fünf Stunden pro Woche freihalten, die sogenannte Notfall-Sprechstunde. Der Patient muss dabei Wartezeit in Kauf nehmen.
1.5. Krankenkassen-Hilfe
Viele Krankenkassen verfügen über einen eigenen Terminservice auf ihren Internetseiten. Die Krankenkassen telefonieren dann stellvertretend für die Patienten Praxen nach freien Terminen ab. Dazu sollte man bei seiner Krankenkasse nachfragen, ob sie diesen Service anbietet.
1.6. Vermittlung über Online-Portale
Einige Ärzte bieten über Doctolib einen Service an, bei dem man sich freie Termine beim Arzt seiner Wahl aussuchen kann. Dabei erhält man ein paar Tage vor dem Termin noch eine Erinnerung per Mail.
1.7. Online-Terminportale
Per Push-Nachricht kann man von Online-Portalen wie Jameda oder Doctolib bei einem freien Termin eine Benachrichtigung erhalten.
2. Die Arztpraxis
2.1. Der erste Eindruck
Medizinische Fachangestellte sind Multitalente mit den vielfältigsten Aufgaben, Kenntnissen und Talenten. Die Ausbildung findet berufsbegleitend statt und dauert in der Regel drei Jahre.
Die Landesärztekammern sind die nach dem Berufsbildungsgesetz zuständigen Stellen für die Ausbildung der MFA.
Quelle: Bundesärztekammer
Wenn man freundlich mit einem Lächeln im Gesicht empfangen wird, die MFA nennt einen beim Namen und konzentriert sich auf den Patienten, dann fühlt man sich gleich wohl.
Man erwartet, dass alle notwendigen Informationen zügig erhoben werden. Es werden keine privaten Gespräche im Beisein der Patienten geführt. Im Idealfall kann man sich von der Homepage die benötigten Unterlagen herunterladen und zuhause in Ruhe ausfüllen.
3. Die Wartezeit
Auch bei einem festen Termin können Wartezeiten anfallen. Bis zu 30 Minuten gelten als vertretbar. Bei offenen Sprechstunden kann sich die Wartezeit erhöhen. Je besser die Praxis digital organisiert ist, desto reibungsloser läuft die Arztpraxis.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick, wie lange die Wartezeit beim Arzt laut Statistik vom 15.09.2023 ist:
- 15 % aller Befragten hatten bei ihrem letzten Arztbesuch in der Praxis überhaupt keine Wartezeit
- 43 % warteten bis zu einer Viertelstunde
- 24 % mussten sich bis zu einer halben Stunde gedulden
- Bei 10 % betrug die Wartezeit bis zu einer Stunde
- 4 % haben bis zu zwei Stunden gewartet
- 1 % hat mehr als zwei Stunden bis zum Behandlungsbeginn im Wartezimmer verbracht.
Quelle: Doctolib
4. Das Rezept
Laut Mitteilung des BundesgesundheitsministerKarl Lauterbach vom 11.01.2024 soll sich Einiges in der Arztpraxis ändern, um die Bürokratie zu verkürzen.
4.1. Das Jahres-Rezept (Dauerrezept)
Diese Rezepte können die Versorgung von Medikamenten für bis zu einem Jahr sicherstellen.
Quelle: Centro-Apotheke
Gerade für chronisch Kranke bietet sich das Jahres-Rezept an. Normalerweise müssen sie alle drei Monate für ein neues Rezept zum Arzt. Bei Diabetes, Herzkreislaufstörungen, Bluthochdruck, Asthma und psychischen Erkrankungen werden regelmäßig dieselben Medikamente benötigt. Durch das Jahres-Rezept spart man viel Zeit.
4.2. Das Rezept-Abo
Die Online-Apotheke docmorris.com bietet mit Zusammenarbeit einiger Hausärzte inzwischen einen ganz besonderen Service an, das Rezept-Abo, welches für Folgerezepte gilt.
Dabei gibt man seine Medikamente ein und sucht einen Rhythmus aus. Dann kümmert sich die Online-Apotheke darum, dass das Rezept rechtzeitig beim ausgewählten Hausarzt angefordert wird und liefert dann automatisch die Medikamente zum Patienten.
4.3. Telefonische Rezept-Annahme
Einige Praxen bieten einen Service an, telefonisch auf dem Anrufbeantworter, ein Rezept anzufordern. Voraussetzung ist allerdings, dass die Krankenkassenkarte in diesem Quartel bereits eingelesen wurde.
4.4. Die Video-Sprechstunde
Die telefonische Krankmeldung ist erst der Anfang gewesen. Bald sollen Patienten auch für Rezepte, Überweisungen oder kleinere Behandlungsanfragen einfach anrufen oder sich per Video mit dem Arzt beraten können. Sie müssen also nicht mehr direkt zum Arzt gehen. Die maximal 15 Minuten, die jeder Arzt für ein einfaches Rezept mit Besprechung investiert, fallen dann weg. Man sollte vorher beim Arzt anfragen, ob er diesen Service anbietet.
5. Die Budget-Obergrenze
Vincent Jörres, Sprecher des Hausärzteverbands, glaubt nicht, dass Hausärzte durch die Reform finanzielle Nachteile erleiden werden.
Er sieht mehr Vorteile als Nachteile: „Kein Bundesland wird aufgrund der Endbudgetierung Geld verlieren. Im Gegenteil: Einige werden gewinnen. Das ist jetzt nach langer Zeit endlich einmal ein Schritt der Politik in die richtige Richtung. Nämlich dafür zu sorgen, dass es auch in Zukunft noch genug Hausarztpraxen in Deutschland gibt.“
Quelle: mdr Beitrag vom 31.01.2025
Überall in Deutschland fehlen Hausärzte. Termine zu bekommen, wird immer schwieriger. Um dem entgegenzuwirken, hat der Bundestag nun die Honorar-Obergrenze für Hausärzte abgeschafft. Die sollen nun jede Behandlung bezahlt bekommen – und nicht mehr wie bisher bis zu einer festgelegten Budgetgrenze. Die Hoffnung ist, dass die Ärzte dadurch wieder mehr Patienten aufnehmen.
6. Eigene Erfahrungen
Normalerweise bin ich ein ruhiger Mensch. Ich habe für Vieles Verständnis. Für mich ist Höflichkeit und Freundlichkeit selbstverständlich. Aber manchmal komme auch ich an meine Grenzen.
6.1. Ein Termin beim Orthopäden
Ich bin stets mindestens 10 Minuten vor meinem Termin da. Bei den Ärzten bestehen noch dieselben Regeln wie zur Corona-Zeit, d.h. es darf immer nur einer eintreten und sich an die Rezeption stellen.
Beim letzten Termin beim Orthopäden steht inzwischen eine so lange Schlange (10-20 Patienten), als ich eintreffe. Gut, dass der Flur so lang ist. Es macht einem nichts aus, dass man etwas warten muss. Immerhin sind auch Ärzte vom Fachkräftemangel nicht ausgeschlossen. Und wenn eine MFA die gesamte Rezeption, das Telefon, Rezepte und nebenbei noch Röntgenaufnahmen machen soll, hat man eher Mitleid.
Aber dann kommen doch noch zwei MFAs aus der Pause. Nun kann es nicht mehr lange dauern.
6.1.1. Patienten, die alles aufhalten
Wenn es aber gar nicht vorwärts geht, wird es unangenehm. Eine halbe Stunde nur draußen vor der Anmeldung zu warten, ist inakzeptabel. Gerade beim Orthopäden können viele Patienten nicht oder nicht lange stehen.
Das erste Problem sind die Patienten. Leider gibt es so manche, die der MFA an der Rezeption ihre Leiden ausführlich erzählen, anstatt darauf zu warten, sich deshalb an den Arzt zu wenden.
Fehlende Papiere, fehlende Krankenkassenkarte, falsch ausgefüllte Formulare, keine ausreichenden Sprachkenntnisse, es gibt viele Möglichkeiten, den reibungslosen Betrieb aufzuhalten.
6.1.2. Aggressive Patienten
Studie aus dem Februar 2020
Daran nahmen rund 1.500 augenärztliche Kolleginnen und Kollegen teil. Insgesamt 83,3 Prozent erfuhren Aggressionen und Gewalt während ihrer Tätigkeit.
65 Prozent der Befragten erlebten verbale Übergriffe ohne Drohung.
Von bedrohlich körperlichen Gewalterfahrungen berichteten 24,1 Prozent und zwei Prozent erhielten aufgrund schwerer körperlicher Gewalt eine ärztliche Behandlung.
Sexuelle Einschüchterung/Belästigung bejahten 21,4 Prozent der Befragten. Von diesen waren die meisten weiblich (75,5 %).
Knapp die Hälfte der Ärzte
(47,9 %) empfand, dass aggressive und gewalttätige Verhaltensweisen in den letzten fünf Jahren zugenommen haben.
Quelle: arzt-wirtschaft.de Beitrag vom 16.09.2021
Aber nicht vergessen werden sollte, es gibt auch zunehmend aggressives Verhalten von Patienten gegen Ärzte und MFAs. Der Respekt schwindet, der Egoismus wird stärker.
6.1.3. MFAs, die Privates besprechen müssen
Ein Problem können aber auch manchmal die MFAs an der Rezeption sein. Man steht und wartet höflich auf eine Ansprache oder einen Blickkontakt. Wenn dann die MFA einen mehr oder weniger ignoriert und sich dann noch mit ihrer Kollegin, die einen anderen Patienten anmelden sollte, über die Urlaubsplanung und erhaltene Pakete unterhält, wird es schwierig, dabei die Ruhe zu behalten. Denn so manche Rezeptionistin kann nicht gleichzeitig reden und arbeiten. So artet die einfache Krankenkassenkarten-Eingabe zu einer 10-Minuten-Aktion, weil ständig die Arbeit unterbrochen wird. Und die Warteschlange draußen wird länger.
Inzwischen hat der Arzt im Online-Terminkalender eingetragen, dass die Patientin nicht gekommen sei. Kein Wunder, bei 30 Minuten Wartezeit vor der Tür und 10 Minuten Wartezeit, um die Karte einzulesen.
6.2. Im Wartezimmer
Aber endlich sitzt man im Wartezimmer. Man sitzt gemütlich, hat etwas zu Lesen, da macht einem die Wartezeit nicht mehr so viel aus. Auch wenn der Arzt inzwischen anscheinend Mittagspause macht, um die freie Zeit zu nutzen. Etwas später höre ich wie der Arzt erstaunt reagiert, dass ich doch noch gekommen bin.
6.3. Endlich Sprechstunde
Auf die Anmerkung, ich hätte draußen 30 Minuten vor der Anmeldung gestanden, reagiert er mit der Äußerung, es sei halt sehr voll heute.
Als ich erzähle, wie die MFAs sich an der Anmeldung verhalten haben, meinte er, die müssten schließlich irgendwann ihre Urlaubspläne besprechen. Ich bin übrigens gelernte MFA, früher hieß es Arzthelferin, und bei meinen Chefs wäre so ein Verhalten indiskutabel gewesen. Manchmal würde ich gerne vorschlagen, die MFA möge mich an den Computer lassen, damit wir endlich vorankommen.
6.4. Warten auf das Rezept
Zettel vom Arzt in den Korb gelegt. Nun beginnt das Warten auf das Rezept. Die eine MFA leert den Korb und packt die blauen Zettel auf den Schreibtisch. Die nächsten blauen Zettel trudeln ein. Und ich befürchte, mein Zettel liegt nun irgendwo und wird vergessen.
Mehrere Patienten stehen bereit hinter der Wartezimmertür, sie denken tatsächlich, dass das Warten auf das Rezept nicht so lange dauern wird, dass man sich hinsetzen muss. Inzwischen kommt man weder aus der Tür raus noch in das Wartezimmer rein, so viele Patienten stehen und warten. Die Ersten begreifen, dass ihre Standposition ungünstig ist und setzen sich hin.
Ich verkneife mir, schon wieder auf die Uhr zu sehen. Die beiden MFAs haben ihre Urlaubsplanung anscheinend noch nicht ganz durchgesprochen und verschwinden im Aufenthaltsraum. Aber dann erscheint eine andere Kollegin, und die legt richtig los. Innerhalb von Minuten ist der Berg der blauen Zettel abgearbeitet, sie redet sogar nebenbei noch am Telefon. Und die Anmeldung flutscht nur so. Die Schlange an Patienten ist inzwischen so gewachsen, dass ich eine Weile brauche, daran vorbei zu kommen.
Aber es besteht noch Hoffnung, es gibt doch noch MFAs, die motiviert und voller Energie arbeiten können.
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Author Profile
- Marion Klüter ist Multimedia-Fachfrau und Bloggerin. Sie unterhält zwei Blogs mit unterschiedlichen Schwerpunkten, da sich beide Themen nicht miteinander vereinen ließen, denn Wut und Kreativität passen schlecht zueinander. Seit einiger Zeit sind ihr Verlobter und sie stolze Besitzer eines Riesenschnauzers. Trotz vieler Rückschläge in ihrem Leben hat sie den Humor nicht verloren und lacht weiterhin gerne, auch über sich selbst.
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