Der unsichtbare Fremde7 Minuten

Der unsichtbare Fremde7 Minuten

Ein Lebenspartner, der fast perfekt ist. Aber es gibt einen Haken: Er ist nie da. Es ist eine toxische Liebe.

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Kann es Liebe sein?

Wenn man jeden Mann in eine Kategorie einordnen würde, in welche Kategorien würden dann die Männer meines Lebens passen? Wie gerät man immer wieder in toxische Beziehungen?

1. A. ist der unsichtbare Fremde

Als ich A. in der U-Bahn kennenlernte, war ich amüsiert darüber, dass er mich für eine Russin hielt. Er selber war Russland-Deutscher, der aber schlecht Deutsch sprach, da seine deutsche Mutter nur weißrussisch mit ihm gesprochen hatte. Nun war er in Deutschland.

PusteblumeWie ich schnell feststellte, – mit seiner Ehefrau, die er erst vor einem halben Jahr in Minsk geheiratet hatte. Aber wie es nunmal so ist, der Verstand sagt nein, das Herz sagt ja.

Und schon steckt man in einer Beziehung, obwohl man geschworen hatte, sich nie wieder auf so etwas einzulassen. Schon wieder ein verheirateter Mann, wer will das schon?

1.1. Es ist eine toxische Liebe

Wieder dasselbe Spiel, man sitzt zu Hause und wartet auf seinen Anruf, die Nächte verbringt man allein, genauso wie die Wochenenden, die Feiertage, –  man kann sich nicht gemeinsam in der Öffentlichkeit sehen lassen, er wird nie zu einem stehen. Bei jedem Familienfest steht man als Single da, mitleidsvoll von den Paaren angesehen. Man fühlt sich alleine, und eigentlich ist man es auch, und ist halt nur – die Zweitfrau, die Frau im Schatten.

Und so endete unsere erste Beziehung, als ich von der Taufe meiner Nichte zurückkam, traurig und frustriert. Ich wollte ihn nie wiedersehen.

Eigentlich.

1.2. Wieder begegnet

Zufällig trifft man sich wieder, sogar mehrmals. Die alten Gefühle sind noch da. Und nun gibt es keine Hindernisse mehr, denn A. ist geschieden. Er studiert gerade erneut, weil er als Tierarzt wegen seiner Allergien nicht arbeiten kann. Nur noch ein paar Monate, und er ist Sonderpädagoge. Warum ausgerechnet dieses Studium? Er war der Meinung, da müsste man nicht so viel lernen.

Aber es folgt anschließend kein Anruf, also sind die Gefühle wohl einseitig. Thema erledigt.

1.3. Ein zweiter Anlauf

Jahre später klingelt das Telefon, A. ist dran. Nun hat er sich die Telefonnummer von meinen Eltern besorgt, denn damals konnte er nicht anrufen, weil er meine Visitenkarte verloren hatte. Dieses Mal sieht die Beziehung erfolgversprechend aus, sogar eine Hochzeit ist nicht ausgeschlossen. Er sucht bereits nach einem Haus.

Pusteblume mit SchmetterlingAber die Sache hat natürlich einen Haken. Sein Studium bricht er einen Monat vor den Abschlussprüfungen ab. Dafür macht er sich selbstständig, – in Kaliningrad, – kauft dort eine Wohnung.

Hatte er vorher keine Zeit wegen seines Studiums, ist er nun die meiste Zeit wegen seiner Geschäfte unterwegs. Ich weiß nie wo er ist, was er gerade macht, wann er wieder da ist. Selbst eine Karpaltunnelsyndrom-Operation muss ich alleine durchstehen, weil er in letzter Minute absagt. Dafür gratuliert er mir zum Valentinstag.

1.4. Es ist kein Verlust

Und so geht es weiter, bis ich mich erneut trenne, per eMail, weil ich keine Gelegenheit hatte, persönlich mit ihm zu sprechen und die Situation unerträglich ist.

Für meine Familie ist es kein Verlust, denn sie hat ihn bisher in den ganzen Jahren nur einmal gesehen, und das auch nur, weil meine Mutter seine Hilfe brauchte. Weil sie mich lieben, haben sie nie etwas zu diesem Verhalten gesagt, und ich schäme mich für ihn.

“Wenn ich nicht wüsste, dass du nichts erfindest, würde ich annehmen, dass es diesen A. gar nicht gibt. Hat den eigentlich schon jemals jemand gesehen? Aber ich habe ganz vergessen, – der arbeitet ja für die Russen-Mafia.”

Überall in meinem Freundeskreis bekam er diesen Spitznamen, und obwohl ich es ableugnete, genau wusste ich es auch nicht. Denn auch für mich ist er ein Fremder, ich kenne keinen aus seiner Familie, keinen seiner Freunde, noch weiß ich, wo er wohnt und wie er lebt. Eine toxische Liebe, die mich nur unglücklich macht. Ein Leben in Warteposition, wenn der Partner sich wieder an einen erinnert und ein paar freie Minuten mit einem verbringt.

2. Sollte man es noch einmal wagen?

Wieder vergehen Jahre, – selber Mann und dieselbe Dame, leider aber auch dieselben Umstände. Dieses Mal ist die Freude nur kurz, man ist schon einiges gewöhnt und hat nicht mehr dasselbe Gefühl. Nun verschwindet A. nach Monaten in die Schweiz. Beim ersten Anruf nach einem geplatzten Date teilt er mir am Telefon mit, dass er seine Wohnung in Hannover aufgegeben hat, dafür jetzt eine neue Wohnung in Bern bewohnt.

Und morgen fängt er seine Arbeit als Tierarzt im Labor des Zolls an. Ende, – jedenfalls für mich. So eine toxische Liebe braucht keiner. Aber war das überhaupt eine Beziehung?

3. Das war es jetzt endgültig

Oder doch nicht? Eine Beziehung wird es niemals mehr werden, seine dritte Chance war auch die letzte. Aber es bleibt eine Freundschaft.

DistelAls mein Vater unerwartet stirbt, bietet er mir an, mir beizustehen und mich zum Friedhof zu begleiten. Natürlich sagt er in letzter Minute ab, er sei gerade in Russland, wegen … was auch immer. Er könne nicht kommen. Mich interessieren seine Gründe nicht, es ist so wie es immer war, er ist nicht da. Ich bin allein. Er wird niemals für mich da sein, selbst wenn ich im Sterben liegen würde, hätte er noch Ausreden, um zu mir zu kommen (Achtung, Sarkasmus).

Und das war es jetzt auch mit der Freundschaft. Den unsichtbaren Fremden streiche ich aus meiner Kontaktliste, und dieses Mal für immer. Ich lasse mir mein Herz nicht mehr brechen, keine toxische Liebe mehr.

4. Fazit

Wenn ich mir heute durch den Kopf gehen lassen, wie die Zeit mit ihm war, frage ich mich, warum ich mir das habe gefallen lassen. Bin ich so wenig wert, dass ein Mann sich so benimmt? Noch dazu, wo ich angeblich seine große Liebe war?

Nicht einmal hat er nach meinen Lebensumständen gefragt. Er wusste, dass ich arbeitlos war, von Hartz-4 lebte. Aber Gedanken deswegen macht er sich nie. Für ihn war das nicht wichtig, für mich ging es um mein Überleben. Finanzielle Unterstützung konnte ich nicht erwarten, und ich hätte niemals gefragt. Lieber wäre ich verhungert.

Keine Einladung, kein gemeinsames Essen in einem Restaurant, keine Ausflüge, nichts, während wir zusammen waren. Nur ein einziges Mal lud er mich ein, aber da waren wir gerade getrennt.

Ich musste eine Therapie machen wegen meinen Minderwertigkeitsgefühlen und meiner Gutgläubigkeit. Danach sah ich Vieles klarer. Aber bin ich jetzt stark genug? Ich bezweifele es.

4.1. Er bleibt ein Fremder

A. Leben war nebulös, ich weiß bis heute nicht, wie er gelebt hat, wer er eigentlich war und wie viel Wahrheit in seinen Geschichten steckte, in denen er angeblich so viele wichtige Leute kannte, sogar meinen Herrn Arno Spitz in Berlin, den er (angeblich) getroffen hatte.

Pusteblume mit KäferDa er mich nicht dabei haben wollte, konnte ich diese Story im nachhinein nicht mehr glauben. Und wer weiß, vielleicht war er doch noch verheiratet? Oder wieder neu verheiratet? Er war ein Blender.

Heute bin ich froh, dass ich nicht schwanger wurde, denn er wäre der unsichtbare Vater geworden, den das Kind nur von Telefonaten und Fotos gekannt hätte. Und mit meinem knappen finanziellen Budget wäre es schwer geworden mit einem Kind als Alleinerziehende zu überleben

4.2. Und was bleibt am Ende?

Nun bin ich nur noch wütend, wenn ich an ihn denke. Und ich bin sauer auf mich, weil ich mich so schlecht habe behandeln lassen. Der Satz, brave Mädchen kommen nirgends hin und böse Mädchen kriegen alles, stimmt. Und ich bin zu brav.

Im Nachhinein weiß ich, es war eine toxische Liebe, jedenfalls für mich. Es war die Liebe zu einen unsichtbaren Fremden.

Weitere Artikel im Internet:
→ On-Off-Beziehung – Tipps und Sofortmaßnahmen: Brigitte
→ Was ist Sonderpädagogik: socialnet – Lexikon
→ 6 Anzeichen einer toxischen Beziehung: Freundin
→ Toxische Beziehung – Wie sie Warnsignale erkennen: Gala

Author Profile

Marion Klüter
Marion Klüter ist Multimedia-Fachfrau und Bloggerin. Sie unterhält zwei Blogs mit unterschiedlichen Schwerpunkten, da sich beide Themen nicht miteinander vereinen ließen, denn Wut und Kreativität passen schlecht zueinander. Seit einiger Zeit sind ihr Verlobter und sie stolze Besitzer eines Riesenschnauzers. Trotz vieler Rückschläge in ihrem Leben hat sie den Humor nicht verloren und lacht weiterhin gerne, auch über sich selbst.

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