Das Bürgergeld wird geändert6 Minuten
Das zweite Jahr mit dem neuen Bürgergeld ist fast vorüber. Wurden die Erwartungen erfüllt? Und welche Änderungen gibt es?
Das Bürgergeld ist da
– und schon kommen die ersten Änderungen
Am 1. Januar 2023 wurde das in SGB II § 65 Abs. 9 genannte Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) in Bürgergeld umbenannt. Das Bürgergeld wird in zwei Schritten eingeführt. Die zweite Hälfte der Neuerungen tritt mit Juli 2023 in Kraft. Die bisherige Eingliederungsvereinbarung wird dann zu einem Kooperationsplan.
Laut der Bundesagentur für Arbeit leben derzeit knapp 3,7 Millionen Menschen von Hartz-4, beziehungsweise nun von dem Bürgergeld.
1. Die Änderungen
1.1. Die neuen Regelsätze
Seit 1. Januar 2024 gelten neue Regelsätze. Für 2025 werden auch neue Regelsätze erwartet.
- Alleinstehende 563 + 61 Euro
- Volljährige Partner 506 + 55 Euro
- Volljährige in Einrichtungen 451 + 49 Euro
- Jugendliche von 14-17 Jahre 471 + 51 Euro
- Kinder von 6-13 Jahre 390 + 42 Euro
- Kinder von 0-5 Jahre 357 + 39 Euro
Kinder und Jugendliche der Regelbedarfsstufe 3 bis 6 erhalten zusätzlich neben dem Regelbedarf auch einen Kindersofortzuschlag in Höhe von 20 Euro monatlich bis zur Einführung einer Kindergrundsicherung.
1.2. Neue Freibeträge als Anreiz
Seit 1. Juli 2023 darf man bei einem Einkommen zwischen 520 und 1.000 Euro durch Beschäftigung mehr behalten. Dabei dürfen 30 Prozent behalten werden.
Junge Menschen dürfen das Einkommen aus Schüler- und Studentenjobs sowie das Einkommen aus einer beruflichen Ausbildung bis zur Minijob-Grenze (derzeit 520 Euro) behalten. Einkommen aus Schülerjobs in den Ferien bleibt gänzlich unberücksichtigt.
2. Wichtiger Punkt – die Sanktionen
Ursprünglich war ein Verzicht auf frühe harte Sanktionen geplant. Sozusagen eine Vertrauenszeit, der Bürgergeldbezieher sollte nicht mit Leistungskürzungen in den ersten sechs Monaten nach Abschluss eines Kooperationsplans rechnen müssen.
Nur Terminverstöße sollten sanktioniert werden.
2.1. Die Sanktionen bleiben möglich
Jetzt werden die Sanktionen doch ab dem ersten Tag möglich bleiben. Geplant sind Leistungskürzungen von zehn bis 30 Prozent.
Die Angebote zur Kooperation sollen gestärkt werden. Zukünftig sollen eher Bildungsabschlüsse nachgeholt werden, anstatt in Aushilfsjobs vermittelt zu werden. Bundesminister Hubertus Heil (SPD) sagte bei der Vorstellung des Entwurfs, dass zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen keine abgeschlossene Berufsausbildung hätten.
3. Das Schonvermögen
3.1. Das Schonvermögen ändert sich
Ursprünglich war ein Schonvermögen von 60.000 Euro geplant. Für jedes weitere Haushaltsmitglied sollten es 30.000 Euro sein. Geblieben ist es bei 40.000 Euro für den Antragsteller und 15.000 Euro für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft im ersten Jahr.
Ab dem zweiten Jahr sind es 15.000 Euro pro Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Im Falle, dass ein anderes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mehr Vermögen hat und das andere weniger, werden die Anteile aufgeteilt.
Nicht angerechnet werden selbst genutzte Eigenheime oder Eigentumswohnungen. Angemessen ist eine Eigentumswohnung bis zu 130m² oder ein Eigenheim bis zu 140m².
3.2. Die Karenzzeit
Die sogenannte Karenzzeit beim Schonvermögen wie auch der Prüfung der Angemessenheit der Wohnung soll nun nur noch zwölf statt 24 Monate betragen.
4. Die Bagatellgrenze
4.1. Die Bagatellgrenze wird endlich eingeführt
Bei Hartz-4 kam es auf den Cent an. Im Falle einer Überzahlung ging das Jobcenter rigoros vor, egal um welche Summe es sich handelte. Das soll jetzt vorbei sein.
2019 machte der Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker (CDU) bekannt, dass 60 Millionen Euro ausgegeben werden, um 18 Millionen Euro zurück zu bekommen. 2020 wurden diese Zahlen per Hochrechnung bestätigt.
Matthias Schäffer von der Bundesagentur für Arbeit schätzte, dass bei einer Bagatellrenze von 25 Euro sich je Fall 60 bis 70 Euro einsparen ließen. Das nahm die FDP zur Grundlage, um eine Bagatellgrenze einzuführen.
Nun greift mit dem Bürgergeld die Bagatellgrenze von 50 Euro. Bei Rückforderungen unter 50 Euro für die Bedarfsgemeinschaft entfällt die Rückzahlung. Auch eine Aufsummierung von mehreren Beträgen findet nicht statt.
Der Gesetzgeber rechnet mit 1,1 Millionen Fällen jährlich. Durch Verzicht auf das Geld, verlieren Bund und Länder etwa 15 Millionen Euro pro Jahr, aber gespart werden 23 Millionen Euro. Dabei wird von 34 Minuten Arbeitszeit je Fall und einem Stundensatz von 36,80 Euro ausgegangen.
5. Der Online-Antrag
5.1. Die Registrierung
5.2. Der Personalausweis mit Online-Funktion
Der neue Personalausweis ist mit einem Chip ausgestattet. Dadurch kann er auch online verwendet werden. Mit dem Online-Ausweis werden Behördengänge oder geschäftliche Angelegenheiten sicher im Internet erledigt. Die Daten sind beim Ausweisen in der digitalen Welt geschützt.
Die Vorteile:
- Welche Behörde oder welches Unternehmen erhält die Daten und hat die staatliche Berechtigung für die Übertragung der Daten. Welche Daten aus dem Online-Ausweis werden übermittelt.
- Die Ausweisdaten werden nur übermittelt, wenn die selbstgewählte PIN eingeben wird.
- Die Ausweisdaten werden immer Ende-zu-Ende-verschlüsselt übermittelt. Sie können nicht abgefangen oder eingesehen werden.
5.3. Die Unterlagen für den Antrag
- Ausweis oder Reisepass
- Unterlagen zu Einkommen aus der bisherigen Arbeit
- Unterlagen zu weiteren Einkommen wie Kindergeld, Arbeitslosengeld
- Unterlagen zur Miete
6. Die Änderungen beim Bürgergeld
Die Ziele sind: Anreize zur Jobaufnahme stärken, Mitwirkungspflichten erhöhen, Schwarzarbeit bekämpfen. So sollen mehr mehr Menschen in Arbeit gebracht werden.
Wichtige Maßnahmen im Einzelnen:
- die Anschubfinanzierung soll als Prämie an diejenigen ausgezahlt werden, die mindestens ein Jahr arbeiten und davon mindestens sechs Monaten kein Bürgergeld beziehen
- die Pendelzeit wird auf drei Stunden angehoben, bei einer geringeren Arbeitszeit soll eine Pendelzeit von zweieinhalb Stunden zumutbar sein
- Leistungsminderung von 30 Prozent des Regelbedarfs für drei Monate drohen denjenigen, der eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne triftigen Grund ablehnt
- bei nicht eingehaltenen Terminen im Jobcenter werden die Leistungen künftig um 30 Prozent für einen Monat gekürzt werden
- Schwarzarbeit wird stärker geahndet
- Ein-Euro-Jobs sollen als Einstieg in das Arbeitsleben fördern
Weitere Änderungen für Geflüchtete:
- Geflüchtete können ein Integrationspraktika machen
- Arbeitgeber können bei Einstellung von Geflüchteten einen Entgeltzuschuss erhalten, wenn sie den Geflüchteten für einen Berufssprachkurs freistellen
- die Karenzzeit für das Schonvermögen soll auf sechs Monate verkürzt werden
- für ausländische Fachkräfte soll die Zeitarbeit ermöglicht werden
6.1. Neue Meldepflicht
Durch ein monatliches persönliches Gespräch soll die Chance erhöht werden, schneller in Arbeit zu kommen. Das Kabinett hat dazu eine entsprechende Neuregelung beschlossen.
Weitere Artikel zum Thema im Internet:
→ Die Änderungen beim Bürgergeld: Die Bundesregierung
→ Meldepflicht beim Bürgergeld: Die Bundesregierung
→ Neue Sprache, alte Schikane: NDR aktuell
→ Bürgergeld statt Hartz-4: Focus Praxistipps
→ Bürgergeld-Rente-Grundsicherung: Merkur.de
→ Der Bürgergeld-Rechner: Das-steht-dir-zu
→ SPD will 1.000-Euro-Prämie für Langzeitarbeitslose stoppen: ZDF heute Beitrag vom 06.10.2024
→ BMI Online-Ausweisfunktion: BMI Bund
→ Personalausweis-Portal: Bundesministerium des Inneren
→ Der Online-Ausweis: Bundesministerium des Inneren
Author Profile
- Marion Klüter ist Multimedia-Fachfrau und Bloggerin. Sie unterhält zwei Blogs mit unterschiedlichen Schwerpunkten, da sich beide Themen nicht miteinander vereinen ließen, denn Wut und Kreativität passen schlecht zueinander. Seit einiger Zeit sind ihr Verlobter und sie stolze Besitzer eines Riesenschnauzers. Trotz vieler Rückschläge in ihrem Leben hat sie den Humor nicht verloren und lacht weiterhin gerne, auch über sich selbst.
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