Arbeitswelt Teil 4: Mobbing oder wie entsorgt man die Konkurrenz?13 Minuten Lesezeit

Erst bekommt man eine Belobigung für gute Arbeit und einen unbefristeten Arbeitsvertrag, und ein paar Tage später die Kündigung, ohne Angabe von Gründen.
Nach dem ersten Schock stellt man sich die Frage, warum?
Ein neuer Job
1. Ein neuer Tätigkeitsbereich
Als ich 2001 zu dem für seine Computerzeitschriften bekannten H. Verlag in Hannover wechselte, weil die Arbeitszeiten und die Bezahlung besser waren, ahnte ich nicht, was ich wirklich aufgab.
Anstelle hochwertiger Anzeigen wie beim vorherigen Verlag, gestaltete ich nun Texte für die beiden Computermagazine und korrigierte aufgrund meiner Ausbildungen zusätzlich die Tickermeldungen für das Online-Portal.
1.1. Andere Berufszweige
Die Abteilung bestand weder aus Druckvorlagenherstellern, Mediengestaltern, DTP-Fachleuten, noch Schriftsetzern oder Fotosetzer. Es handelte sich um Lektoren und Germanisten. Der Unterschied zu den vorher genannten Berufen war riesig, nicht im Wissen aber im Wesen.
War ich Trubel um mich herum gewohnt, weil kreative Berufe meistens lebendige Leute hervorbringen, waren Germanisten eher ruhig und schweigsam. Nicht einmal ein Radio störte die Stille.
2. Der Wind dreht sich
Der erste Monat verging ohne Zwischenfälle. Die Kolleginnen waren zurückhaltend. Persönliche Gespräche fanden kaum statt. Von Anfang an fühlte ich mich unwohl.

Ich saß mit zwei Kolleginnen in einem Büro. Die eine redete so gut wie gar nicht. R. ließ mich spüren, dass sie keinen näheren Kontakt wünschte. B. war da schon aufgeschlossener.
Mein Chef hatte große Pläne mit mir. Er suchte jemanden, der ihn bei seiner Programmierarbeit unterstützte, der seine Programme kennenlernte und übernehmen konnte. Leider sprach er das Thema ausgerechnet in meinem Büro an, als beide Kolleginnen anwesend waren. Das Fachbuch ließ er mir da. Ich wusste instinktiv, das war ein Fehler gewesen. Die Reaktion kam prompt, nachdem er gegangen war.
“Warum hat er nicht mich gefragt?,” sagte die Unnahbare. “Ich kann das doch auch.”
2.1. Es gibt noch Hoffnung
Es gab Gleitzeit. Ich war meistens vor den anderen da. Mir fehlten meine Kollegen vom Heißen Draht, hier war ich alleine, kaum einer redete mit mir, ich war ausgeschlossen. Und da traf ich die einzige nette Mitarbeiterin. Co. arbeitete als Abteilungsleiterin mit eigenem Büro. Ich war so froh, als ich sie traf. Endlich ein netter Mensch. Aber was sie mir erzählte, bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen.
2.2. Körperliche Angriffe
Man mobbte Co., wo man nur konnte. Sie erklärte mir, sie sei krank, weil sie hier so stark gemobbt werde. Es gäbe eine Gruppe, die ihr das Leben schwer mache und auch vor körperlichen Angriffen nicht Abstand nahmen.

Man rempelte sie im Flur an, dass sie an die Wand prallte und blaue Flecken bekam. Lästerte in ihrem Beisein über sie. Ignorierte sie ansonsten. Keiner sprach mit ihr.
Es machte sie krank, deshalb war sie oft wegen ihrer Depressionen krank geschrieben. Ich weiß nicht, ob irgendjemand in der Chefetage von ihrem Martyrium wusste. Für sie war die Arbeit ein einziger Spießrutenlauf.
Ganz besonders eine Kollegin tat sich dabei hervor. Sie war so etwas wie eine Anführerin. Die kannte ich noch nicht, sie war gerade im Urlaub. Und ausgerechnet diese Frau saß auch noch im Betriebsrat, ihr Lebenspartner war in der Führungsetage bei Verdi. Was erklärte, warum Co. keine Hilfe erhielt. Wenn der schlimmste Mobber im Betriebsrat sitzt, an wen soll man sich dann um Hilfe wenden?
2.3. Der Super-Gau
Natürlich arbeitete diese Frau in meinem Büro. Kaum betrat sie den Raum, schlug die Stimmung um. Ch. redete ununterbrochen und lautstark, während sie kaum arbeitete. Ihre schrille Stimme war nicht zu überhören, während sie ausgiebig über ihr Privatleben sprach oder mit ihrem Liebhaber telefonierte. Die Frau wurde mir zunehmend unsympatischer.
Mir gegenüber war sie unnahbar und ablehnend. Vom ersten Augenblick an ignorierte sie mich einfach. Und egal was ich gestaltete, es war auf einmal stets falsch. Ständig wurde daran herumgemäkelt. Manchmal hatte ich das Gefühl, es lag nur daran, dass ich es gemacht hatte.
2.4. Die Flucht
Von einen Tag auf den anderen ließ sich die unnahbare Kollegin R., die ebenfalls eine Außenseiterin war, in einen anderen Raum versetzen. Sie konnte keine verständliche Erklärung liefern, außer, dass es inzwischen zu laut war, weil die aus dem Urlaub gekommene Ch. ständig redete. Womit sie nicht unrecht hatte. Es war schwer, sich zu konzentrieren. Und niemand traute sich etwas gegen Ch. zu sagen.
Ich hätte auch gerne in ein anderes Zimmer gewechselt, aber es war kein Platz frei. Freiwillig würde keiner mit mir tauschen.
2.5. Eine Einarbeitungszeit erfolgt

Ich suchte das Gespräch mit dem Abteilungsleiter und bat um die beim Einstellungsgespräch vereinbarte Einarbeitungszeit, die bisher ausgeblieben war. Er wies mich einer langjährigen Kollegin zu, die im Nebenraum saß.
Auch wenn Chr. zuerst einen netten Eindruck machte, spürte ich, dass ich dort auch nicht erwünscht war, wenn ich den Raum mit den drei Kolleginnen betrat.
Mittags gingen die Frauen gemeinsam zum Essen. Ich wusste nicht wohin sie gingen, eine Kantine gab es nicht. Mich fragte auch keiner, ob ich mitkommen wolle.
2.6. Die Außenseiter
Übrigens, es gab auch ein paar Männer in der Abteilung, die sich aber aus allen heraushielten und Abstand zu der Frauenclique hielten. Mit mir sprachen sie ebenfalls nicht. Hatten sie Angst davor, dass man es mitbekam? Anscheinend trug ich einen Aufkleber, der davor warnte, sich mit mir abzugeben, weil man ansonsten ebenfalls auf der Abschussliste der Frauen stand?
2.7. Kann es eine Annäherung geben?
Die nächste Woche arbeitete ich unter der Anleitung von Chr., denn das große Problem war, das es für die Zeitung kein Layout gab. Prinzipiell gibt es ein einheitliches Layout, an das man sich halten muss, aber hier nicht. Vermutlich deshalb, weil hier kaum richtige Fachleute arbeiteten.
Jede Seite sah anders aus, es gab keine Vorgaben. Mal war es dreispaltig, dann wieder zweispaltig, Bild über drei Spalten, Bild über zwei Spalten. Mal auch nur einspaltig. Ich wusste nie, wie es aussehen sollte, denn ich hatte gelernt, das eine Zeitschrift ein einheitliches Layout hatte.
Aber es war sowieso egal, es sollte jedes Mal so aussehen, wie ich es nicht gemacht hatte. Das Arbeitsklima verschlechterte sich zusehens. Es gab zwar niemanden, der etwas gegen mich sagte, aber keiner redete mehr, wenn ich den Raum betrat. Es war einfach ein unangenehmes Gefühl, nicht erwünscht zu sein.
2.8. Ein bekanntes Problem im Haus
Als ich einmal zu einem Redakteur in einer anderen Abteilung mit einem Beitrag ging, sprach er das Thema von sich aus an. Selbst hier war bekannt, dass meine Abteilung zu den schlimmsten im Haus gehörte, gefolgt von der Telefonbuch-Abteilung.

Er wusste von der Frauenclique, die glaubten, es drehe sich alles um sie. Besonders Ch. war berüchtigt für ihre Rücksichtslosigkeit. Ich konnte die Gerüchte nur bestätigen. Eine Schlangengrube war ein angenehmer Aufenthaltsort dagegen.
Inzwischen fuhr ich jeden Morgen mit Magenschmerzen zur Arbeit. Jedes Mal, wenn ich in der U-Bahn saß, dachte ich, wie schön es wäre, wenn ich nun zum Heißen Draht fahren könne.
Auch die Arbeit in dem anderen Raum, von der ich gehofft hatte, ich könnte wenigstens zu den Frauen im Nebenzimmer Kontakt aufbauen, brachte mich nicht weiter. Auch dort blieb ich außen vor.
2.9. Und dann kam die Betriebsfeier
Da bei dieser Betriebsfeier Ch. nicht dabei war, wurde es sogar ein schöner Tag. Der H. Verlag hatte für die Feier den Zoo gemietet. Es sollte ein afrikanisches Buffet geben. Am Eingang bekam Jeder entweder einen Hut oder eine Girlande. Ich entschied mich für den Hut, weil es nieselte. Man konnte sogar auf dem Sambesi fahren.
Ich fuhr mit der Kollegin Chr. aus dem Nebenraum, die ohne die intrigante Ch. richtig nett war. Das erste Mal fühlte ich mich wohl und zugehörig. Das war das letzte Mal, bevor die Hölle losging.
→ weiter geht es mit S.2 Die Probezeit ist vorbei
Autor Profil

- Marion Klüter ist Multimedia-Fachfrau und Bloggerin. Sie besitzt zwei Blogs mit unterschiedlichen Schwerpunkten, da sich beide Themen nicht miteinander vereinen ließen, denn Wut und Kreativität passen schlecht zueinander. Trotz vieler Rückschläge in ihrem Leben hat sie den Humor nicht verloren und lacht weiterhin gerne, auch über sich selbst.
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